Hochmoor-Perlmutterfalter (Boloria aquilonaris)

Allgemeines

Ruhender Falter an Glockenheide. (Foto: C. Heinecke)

Der Hochmoor-Perlmutterfalter ist ein typischer Bewohner ausschließlich durch Regenwasser ernährter Moore. Viele heute seltene Tiere und Pflanzen waren während der Eiszeiten in gletscherfreien Tundren und Steppen weit verbreitet. Nach dem Rückzug der Gletscher fanden sie in den vergleichsweise kühlen Hochmooren und im Gebirge  Rückzugsräume, wo sie bis heute überdauerten. Sie gelten als Eiszeitrelikte. Auch der Hochmoor-Perlmutterfalter gehört dazu.

Aufgrund des drastischen Rückgangs nordwestdeutscher Regenmoore ist der Hochmoor-Perlmutterfalter ebenso wie der Hochmoor-Bläuling heute in Niedersachsen, dem ehemals moorreichsten Bundesland, vom Aussterben bedroht! Im Oldenburger Land ist dieser schöne Falter sehr selten geworden. Tatsächlich existieren für ihn, wie wir feststellen konnten, noch Restlebensräume, die des besonderen Schutzes bedürfen. Denn es gilt: Lebensraumschutz ist Schmetterlingsschutz!


Kennzeichen

Flügeloberseite. (Foto: C. Heinecke)

Die Flügeloberseiten sind wie bei  den meisten Perlmutterfaltern (Argynninae) orangebraun mit einem für jede Art charakteristischen Muster aus schwarzen Flecken. Alle Perlmutterfalter sind sich daher sehr ähnlich und nicht leicht zu unterscheiden. Kennzeichnend und artspezifisch sind dagegen die Färbungen und Zeichnungen der Hinterflügelunterseiten. Beim Hochmoor-Perlmutterfalter ist sie charakteristich wie oben auf dem Foto abgebildet. Die Hinterflügel sind in der Grundfärbung orange bis bräunlich. Am Hinterrand ist eine Reihe heller Flecke ausgebildet (Perlmutter- oder Silberflecke), die in ein Muster aus braunen, orangen und dunkelorangefarbenen nicht scharf begrenzte Flecken übergeht. Mehrere helle, zum Teil dunkel gerandete Perlmutterflecken sind eingestreut.

Die hell bestachelten Raupen sind bräunlich grau und tragen einen hellen Doppelstreifen auf dem Rücken. Die gelblichen Eier sind kegelförmig und längsgerippt.  
     

Raupe an Moosbeere. (Foto: C. Heinecke)

Größe

Die Falter sind vergleichsweise klein mit einer Vorderflügellänge von etwa 16 Millimeter.


Lebensraum

Der Schmetterling ist eine tyrphionte Art, das heißt er weist eine enge Bindung an Hochmoore auf. Er ist wie der Hochmoor-Gelbling und der Hochmoor-Bläuling eine Leitart ombrotropher Regenmoore. Die Falter sind auf blumenreiche Flächen, wie Feucht- und Nasswiesen und extensiv genutztes Grünland im Umfeld der Raupenfraßpflanzen, welche im Hochmoorkern liegen, angewiesen. 


Entwicklung

Die Eiablagepflanze ist die Moosbeere (Vaccinium oxycoccos). Die Weibchen legen die Eier auf die Blattunterseiten. Die daraus schlüpfenden Jungraupen überwintern ohne Nahrung aufzunehmen. Die Verpuppung erfolgt in einer unscheinbaren bräunlichen Stürzpuppe in der Bodenstreu. Die Flugzeit der Falter erstreckt sich von Mitte Juni bis in den August hinein. 


Nahrung

Balzende Falter. (Foto: C. Heinecke)

Das Necktarangebot des engeren Hochmoorbereiches ist minimal. Deshalb müssen die Falter in nahe gelegene, blumenreiche Vegatationsbestände ausweichen. Als Necktarpflanzen werden in der Literatur Sumpf-Kratzdistel, Glocken-Heide, Geflecktes Knabenkraut, Kriechender Hahnenfuß, Bergsandglöckchen, Herbst-Löwenzahn, Rotklee, Arnika und etliche weitere angegeben.

Die erwachsenen Raupen fressen im Hochmoorkernbereich an Moosbeere, möglicherweise auch an anderen Hochmoorpflanzen.
     

Verbreitung

Der Schmetterling besiedelt die Moorgebiete in Skandinavien, in Finnland, in der Normandie, im Alpenvorland und in den Alpentälern sowie die mitteleuropäischen Mittelgebirge. Lokal kommt er in Niedersachsen und Brandenburg vor. Im Oldenburger Land wurde er im Jahr 2008 noch in einem Moorgebiet nachgewiesen. 


Gefährdung und Schutz

Der Hochmoor-Perlmutterfalter ist nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) besonders geschützt. In Deutschland ist die Art stark gefährdet, in Niedersachsen vom Aussterben bedroht!            

Die Gefährdungsursachen liegen im immer noch stattfindenden Torfabbau und damit dem Verlust seiner Lebensräume. Wertvolle, naturnahe Hochmoorreste als letzte Refugien für diese Schmetterlingsart sind sehr selten geworden. Nährstoffeinträge über die Luft tun ein Übriges, denn Hochmoore sind naturgemäß äußerst arm. Die Folge ist eine Veränderung der Pflanzenarten-Zusammensetzungen und der Verlust der Raupenfraßpflanzen. Die intensive landwirtschaftliche Nutzung von an Hochmoore angrenzende Feucht- und Nasswiesen (Streuwiesen) führt zum Verlust an Nektarpflanzen für die Falter. Die Entwässerung solcher Wiesen verursacht Grundwasserabsenkungen, von denen dann auch die Hochmoore selbst betroffen sind. Die wichtigste Forderung des Naturschutzes ist daher die Ausweisung von Hochmoorflächen mit angrenzenden Kontaktbereichen (Niedermoore etc.) als Falterschutzzgebiet!
  

Zusammengestellt von Elke Freese. Quellen: Günter Ebert, Erwin Rennwald (Hrsg.) (1991): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs Band 1 – Tagfalter I. Papilionidae, Pieridae, Nymphalidae. Eugen Ulmer KG, Stuttgart. ISBN 978-3-8001-3451-9.
J. Settele, R. Steiner, R. Reinhardt & R. Feldmann (2005): Schmetteringe - Die Tagfalter Deutschlands. Ulmer Verlag, Stuttgart. ISBN 3-8001-4167-1
H. J. Weidemann (1995): Tagfalter - beobachten, bestimmen. Natur Buch Verlag. Augsburg. ISBN 3-89440-115-X