Mittlerer Perlmutterfalter (Argynnis niobe)

Allgemeines

Männlicher Falter mit erkennbaren Duftschuppenstreifen. (Foto: C. Heinecke)

Der Mittlere Perlmutterfalter gehört zur Familie der Edelfalter (Nymphalidae). Innerhalb Mitteleuropas bilden die Dünenlandschaften der Ostfriesischen und Westfriesischen Inseln einen der letzten Verbreitungsschwerpunkt dieses Schmetterlings mit stabilen Populationen.

Der Falter fliegt auf den Ostfriesischen Inseln hauptsächlich von Mitte Juni bis Mitte Juli. Weil der Witterungsverlauf im Frühjahr die Entwicklung der Larven beeinflusst, ist die tatsächliche Flugzeit mal früher und mal später. Am sichersten findet man die Falter Ende Juni. Dann kann man sie bei Sonnenschein vor allem während der Nektaraufnahme beobachten.


Kennzeichen

Weiblicher Falter mit weißer Aufhellung an den Flügelspitzen. (Foto: C. Heinecke)

Typisches Erkennungszeichen dieser Art ist das Band roter, rundlicher Flecken in der Postdiskalregion der Hinterflügelunterseite. Diese Fleckenreihe besitzt allerdings auch die verwandte Art Argynnis adippe. Während die Männchen von adippe jedoch auffällig breite Duftschuppenstreifen auf der Vorderflügeloberseite tragen, sind diese Streifen bei niobe deutlich schmaler. Die Weibchen von niobe haben oft weiß aufgehellte Flügelspitzen. 

Auf den Ostfriesischen Inseln kam früher übrigens Argynnis aglaja vor, dem die Fleckenreihe auf der Hinterflügelunterseite fehlt.
  
Die Raupen des Mittleren Perlmutterfalters sind (wie es für Edelfalter typisch ist) auffällig bedornt. Während die Jungraupe eher schwarz sind, haben ältere Raupen eine eher rote Grundfarbe. Typisch für die Raupe ist der helle Rückenstreifen.


Paarung - unten ein Weibchen ohne Perlmuttflecken. (Foto: C. Heinecke)

Größe

Die Falter erreichen Flügelspannweiten zwischen 43 und 55 Millimetern. Die Raupen werden bis zu 21 Millimeter lang.   


Lebensraum

Allgemein ist der Mittlere Perlmutterfalter ein Bewohner des Offenlandes. Allerdings müssen dort Veilchen und Nektarpflanzen wachsen. Außerdem dürfen die Flächen nicht gemäht, beweidet oder anderweitig genutzt werden. Auf den Ostfriesischen Inseln kommt der Falter in den Graudünenbereichen vor - allerdings nur dort, wo solche Bereiche großflächig vorhanden sind (man geht von einem Minimalareal von 100 ha aus, das die Art zum langfristigen Überleben benötigt).

Besondere Ansprüche stellt dieser Schmetterling an den Lebensraum seiner Raupen. Diese können sich auf den Ostfriesischen Inseln nämlich nur an solchen Veilchen entwickeln, die auf Moospolstern wachsen. Nur an solchen Standorten hält sich nämlich auch bei hohen Bodentemperaturen noch genug Restfeuchtigkeit.

Halberwachsene Raupe an Veilchen fressend. (Foto: C. Heinecke)


Entwicklung

Die Falter fliegen in einer Generation von Mitte Juni bis Mitte Juli und legen ihre Eier an Strukturen (zum Beispiel Stängel von Strandhafer) in die Nähe der Veilchen. Die aus den überwinternden Eiern geschlüpften Raupen müssen im Frühjahr erstmal ein geeignetes Veilchen suchen. Dieses befressen sie dann bei geeigneter Witterung (es darf nicht regnen) tags und nachts. Dabei legen sie immer wieder Fresspausen ein, in denen sie sich tags auch gern mal sonnen. Wenn sie ausgewachsen sind, legen sie ein bodennahes, loses Gespinst an, in dem sie sich verpuppen.


Ausgewachsene Raupe bei einer Fresspause. (Foto: C. Heinecke)

Nahrung

Die Raupen fressen an Veilchen jeglicher Art. Auf den Ostfriesischen Inseln befressen sie sowohl das Hundsveilchen (Viola canina) als auch das Dünen-Stiefmütterchen (Viola tricolor), welche beide im Bereich der Graudünen wachsen.

Der Falter kann auf den Inseln durchaus längere Strecken zur Nahrungssuche zurücklegen, hält sich aber am liebsten in der Nähe der Graudünen auf. Dort saugt er vor allem an den Blüten von Gemeiner Ochsenzunge (Anchusa officinalis), Kratzdisteln (Cirsium spec.) und Brombeeren. In Ortschaften (zum Beispiel auf Spiekeroog) werden auch Lavendelblüten besucht.


Puppe in einem bodennahen, losen Gespinst. (Foto: C. Heinecke)

Verbreitung

In Europa ist der Mittlere Perlmutterfalter von Südfinnland und Mittelschweden bis nach Südeuropa Verbreitet. Im Westen kommt der falter von Südnorwegen und den Niederlanden bis nach Portugal vor. Im Osten geht die Verbreitung bis nach Transbaikalien in Ostsibirien und im Süden verläuft die Arealgrenze von der Türkei über den Iran und Afghanistan bis zum Tienschan- und Altaigebirge.

In deutschland war der Schmetterling früher weit verbreitet, ist aber in den letzten Jahrzehnten in allen Bundesländern drastisch seltener geworden. Größere Vorkommen gibt es aktuell nur noch von den Ostfriesischen Inseln, aus dem Südschwarzwald und den Bayerischen Alpen.


Gefährdung und Schutz

Unterseite eines etwas helleren Falters. (Foto: C. Heinecke)

In Deutschland gehört der Mittlere Perlmutterfalter zu den stark gefährdeten Arten. Hier und auch in anderen mitteleuropäischen Ländern ist er in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. In Niedersachsen gilt der Falter aktuell sogar als vom Aussterben bedroht.


Zusammengestellt von Carsten Heinecke, Januar 2015. Quellen: Alexander Salz (2007): Veilchen ist nicht gleich Veilchen - Zur Larvalökologie des Mittleren Perlmutterfalters (Srgynnis niobe Linnaeus 1758) auf den Ostfriesischen Inseln. Diplomarbeit an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Institut für Landschaftsökologie).
Ulrich Lobenstein (2004): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Großschmetterlinge mit Gesamtartenverzeichnis. Inform.d. Naturschutz Niedersachsen. Nr. 3, 165 - 196, Hildesheim.